Nimmt man Sonderrechte gemäß §35 der Strassenverkehrsordnung (StVO) in Anspruch, dann muss man sich nicht an die übrigen Regeln der StVO halten, man darf also die Geschwindigkeit überschreiten usw.
ABER: in §35 Abs. 8 steht: "Die Sonderrechte dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden."
UND: §1 und §3 der StVO behalten weiterhin Gültigkeit.
§1 sagt:
"§1 Grundregeln
(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, daß kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird."
und §3 regelt die Geschwindigkeit:
"§3 Geschwindigkeit
(1) Der Fahrzeugführer darf nur so schnell fahren, daß er sein Fahrzeug ständig beherrscht. Er hat seine Geschwindigkeit insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie seinen persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. ... "
Bedeutet, strenggenommen darf ich mit Sonderrechten eigentlich nicht schneller fahren, habe aber immerhin das Wegerecht, dass mir bei eingeschaltetem Blaulicht und Signalhorn Platz gemacht werden muß.
Heißt also strenggenommen, in einem Verkehrsberuhigten Bereich dürfte die Feuerwehr auch mit Sonderrechten nicht schneller fahren als Schrittgeschwindigkeit.
Wird in der Praxis natürlich nicht gemacht, es wird grundsätzlich schneller gefahren und üblicherweise wird auch nichts unternommen (wobei mir ein Fall bekannt ist bei dem ein Fahrzeug des THW, welches mit Sonderrechten unterwegs war, von der Polizei angehalten wurde wegen Überschreitung des Geschwindigkeit).
Aber, wenn ein Unfall passiert, dann ist in nahezu allen Fällen der Fahrer, welcher mit Sonderrechten unterwegs ist, schuld. Zum Beispiel, wenn er in der Kurve in den Gegenverkehr gerät, weil er zu schnell war, oder aber, weil er bei roter Ampel in eine Kreuzung einfährt und mit einem Wagen zusammenstößt, der Grün hatte. Denn Sonderrechte bedeuten nicht automatisch, dass man Vorfahrt hat.
In Fachkreisen wird gesagt, man solle die zulässige Geschwindigkeit bei Fahrten mit Sonderrechten um nicht mehr als 20% überschreiten, um noch sicher unterwegs zu sein.
Übrigens behalten bei Sonderrechten auch die physikalischen Gesetze ihre Gültigkeit, wie schon viele in der Kurve umgekippte Rettungswagen bewiesen haben.
Mag jetzt alles seltsam klingen, vor allem, wenn man sagt, wenn es um Menschenleben geht, dann zählt jede Sekunde, aber was bringt das zu schnelle Fahren, wenn der Notarzt garnicht erst beim Patienten mehr ankommt, weil er zu schnell war und selbst in einen Unfall verwickelt wurde.